AufrufOdessa

Überblick/ Kurzinfo:

Wo: Paderborn, Königsplatz
Wann: 12 Uhr / 10. Mai

Aufruf:

Die Berichterstattung in Deutschland bzgl. der Krimkrise ist von zweifelhafter Qualität. Die Mehrzahl der Berichte enthält eindeutige Parteinahmen sowie die ohnehin üblichen Simplifizierungen, nach und nach wiederholten Floskeln und Begriffsneuschöpfungen, die die Vorstellungswelt vieler Rezipient_innen alternativlos prägen. Es ist nicht neu, dass Medien vereinfachen müssen, um sporadischen Rezipient_innen überhaupt zu ermöglichen, sich irgendeine Vorstellung der Situation zu machen. Ebenso einleuchtend ist, dass diese Vereinfachungen zu Fehldeutungen, aber vor allem auch zur politischen Nutzbarkeit und Instrumentalisierung führen.

Hinsichtlich der Ukraine geschieht dies hier mit einer Zweiteilung in den guten, freiheitlich-demokratischen „Westen“ auf der einen Seite, der die ukrainische Staatshoheit beschützen muss, und dem imperialistischen und beinahe schon sowjetischen Putin, um nicht „Russland“ zu sagen. Dem Vernehmen nach werden die jeweils entgegengesetzen Berichterstattungen nur insofern erwähnt, wie aus ihnen hervorzugehen scheint, wie absonderlich die jeweils andere Perspektive ist. Die Kritik an dieser Berichterstattung durch Konsument_innen wiederholt sich bei jeder Gelegenheit; insbesondere auf die Schieflage mit vergleichbaren Situationen, aber vertauschten Protagonist_innen (Abspaltung des Kosovo; diverse andere Angriffskriege durch die NATO oder die USA), wird beständig hingewiesen. Medieninterne Kritik ist hingegen immer noch eine Seltenheit.
Aus unserer Perspektive wird veranschaulicht sich diese Situation besonders gut daran, dass in der deutschen Berichterstattung und von deutschen Politiker_innen der Einfluss nationalistischer/faschistoider Gruppen in der Ukraine kleingeredet wird. (Die Kritik z.B. russischer Medien überlassen wir an dieser Stelle anderen.)

Währenddessen macht sich, wohl kaum zum Ärger aller politischen Beteiligten, Gewalt in weiten Teilen des Landes immer breiter. Die lokalen Akteur_innen werden zwar von beiden Seiten, je nach Disposition, instrumentalisiert und gelenkt, doch behalten sie eben aufgrund ihrer Frontstellung einen gewissen Akteursstatus mit eigenen Agenden und versuchen, sofern sie halbwegs organisiert sind, ihrerseits die Kontakte bzw. Berichterstattungen im Ausland zu nutzen. Perspektiven im Ausland, die mit der lokalen Realität wenig zu tun haben und deswegen die Ereignisse auch nicht einordnen können, sind nur hilfreich, wenn es darum geht, Fronten aufzuziehen und zu militarisieren: Für ferne Beobachter_innen sind die Kämpfe entweder einfach unverständlich oder reihen sich das dort geschaffene Denkmuster, das sie je nach Ausrichtung unterstützens- oder bekämpfenswert (wenn nicht gar vergeltenswert!) erscheinen lässt. Mögen auch keine Waffen geliefert werden, feuert weltöffentliche Politik und Berichterstattung den Konflikt symbolisch zweifellos nur an, wenn sie zwei eindeutige und unvereinbare Positionen konstatiert. Soweit der sogenannte Westen Einfluss hat und dem Frieden tatsächlich einen hohen Stellenwert beimisst, macht er damit alles denkbar falsch.

Da wir nicht unmittelbar in der Ukraine wirken können, scheint dies der einzige Ansatzpunkt zu sein, uns für eine friedvollere Ukraine und eine ebensolche Welt einzusetzen: Wir versammeln uns am kommenden Samstag (10.5.) um 12h am Rathausplatz Paderborn, um gegen das allgemeine Aufheizen zur Kriegsstimmung entgegenzuwirken. Es ist kein Zufall, dass in einen Konflikt, in dem es vorgeblich nur um Staat und Verwaltungen geht, Nationalismus geschürt wird! Da sich unsere Möglichkeiten unweigerlich auf eine rein symbolische Aktion beschränken, halten wir eine Mahnwache/Trauerveranstaltung für die angemessenste Form. Nach Möglichkeit sollen dabei auch ein oder mehrere ukrainische Beiträge vermittelt werden.

Wir würden uns freuen, von ähnlichen Veranstaltungen in anderen Städten zu hören, da nur von einer größeren Menge derselben ein spürbarer Effekt zu erwarten ist. Die Beschwerden in Redaktionen reichen offenbar nicht, um zu einer seriösen Berichterstattung zu kommen – tatsächlich ist sogar zu lesen, dass dem Tenor widersprechende, aufschlussreiche Berichte nicht gesendet bzw. gedruckt werden – und unsere kleine Mahnwache allein wird daran auch nichts ändern. Es wird Zeit, dass sich eine Friedensbewegung gegen diese nationalistisch (oder wie auch immer die ständige Beschwörung einer „Wertegemeinschaft“ zu bezeichnen ist, welche einerseits vor Inkonsistenz und internen Machtkämpfen strotzt, andererseits bei Gelegenheit selbst gern gegen alle Rechte verstößt) anmutende Aufpeitscherei formiert.