Für Donnerstag, den 17. März 2016 kündigt die AfD Paderborn ihre seit Dezember vierte Kundgebung im Kreisgebiet an und versucht so weiter, in Paderborn eine nationale Hochburg der Fremdenfeindlichkeit zu errichten. Damit kommt der Kreisverband seiner jüngsten Ankündigung auf seiner Facebookseite nach, fortan monatlich Veranstaltungen in Paderborn durchführen zu wollen.
Mit ihrer Demonstration unter dem Motto „Neuwahlen jetzt – Rote Karte für Merkel“ fordert die Partei Neuwahlen sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in ganz Deutschland. Die steigenden Umfragewerte für die AfD vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt zeigen eine zunehmende Tendenz der Bevölkerung nach rechts.
Der Kreisvorsitzende der AfD, Günter Koch, kündigte in seiner Rede bei der letzten Demonstration an, die AfD werde versuchen, zu ihrer nächsten Demo „ihre Freunde aus Dänemark, Schweden und Ungarn“ einzuladen. In Dänemark bildet die rechtspopulistische „Dänische Volkspartei“ seit 2015 die zweitstärkste Fraktion, in Ungarn ist schon seit 2010 die rechtspopulistische Partei „Jobbik“ drittstärkste Macht im Parlament.
In diesen Ländern hat sich der Rechtspopulismus also bereits durchgesetzt und nun droht dies auch Deutschland, einem Land, das eigentlich aus seiner Geschichte gelernt haben sollte.
In den Jahrzehnten nach dem Krieg hieß die Bundesrepublik Geflohene aus der DDR herzlich willkommen; der Umgang der DDR-Regierung mit Fluchtversuchen an den Grenzen wurde stark verurteilt und die Welt feierte die Öffnung der Grenzen vor gerade einmal 25 Jahren wochenlang.
Doch nun fordert die AfD eine Schließung und bewaffnete Bewachung der deutschen Grenzen gegen Geflüchtete.
Es darf nicht sein, dass Deutschland nicht gelernt hat, dass Progrome und kriegsähnliche Zustände wie in Rostock-Lichtenhagen nichts an den eigentlichen Problemen verbessern, sondern jeden bis dahin erreichten Erfolg zunichtemachen.
Eine Partei, deren Anhänger*innen sich bei Versammlungen Parolen wie „Lügenpresse“ und „Wir sind das Volk“ aneignen, und dabei den ursprünglichen Hintergrund dieser Parolen vergessen und die die Geschichte so verharmlost, wollen wir nicht auf den Paderborner Straßen haben. Das Schlagwort „Lügenpresse“ wurde während des NS-Regimes von den Nationalsozialisten zur Bezeichnung regimekritischer Presse benutzt; „Wir sind das Volk“ war 1989 ein Ausruf der friedlichen Revolution zur Wiedervereinigung.
Die wachsende Anzahl an Übergriffen auf Geflüchtete und Migrant*innen verdeutlicht ebenfalls das Ergebnis von systematischer Propaganda rechten Gedankenguts, welches vor allem in Zeiten der Unsicherheit auf Zustimmung trifft.
Doch dürfen Hetze und Hass auf keinen Fall die Antworten auf der Suche nach Lösungen für die momentanen Herausforderungen in der „Flüchtlingspolitik“ sein.
Nur durch ein solidarisches Miteinander und nicht durch ein hasserfülltes Handeln eines selbsternannten Volkes ist ein gutes Zusammenleben mit Geflüchteten und die Überwindung der sogenannten „Flüchtlingskrise“ möglich. Dieses Unwort markiert deutlich das Analyseschema, das von der AfD auf die Spitze getrieben wird: Nicht die Ursache – komplexe politische und soziale Strukturen, die weltweit Millionen Menschen in Elend stürzen – wird bekämpft, sondern mit einem nationalen Filter nur deren winziger Bruchteil, der eine Veränderung im eigenen Umfeld erwarten lässt. Dass genau solche Muster von abstrakten, imaginierten Gruppenidentitäten die sonst oft ökonomischen oder staatspolitischen Schreckenszustände noch verschärfen oder zum Gewaltausbruch beitragen, zeigt sich nicht nur in fundamentalistischen Splittergruppen wie dem sogenannten Islamischen Staat. Brandanschlägen auf Asylunterkünfte in der innerdeutschen Nachbarschaft geht ein gleicher Gedanke voran. Zwar erwähnt auch die AfD gelegentlich die Floskel „Fluchtursachen bekämpfen“, verliert jedoch sonst kaum ein Wort zu der Phrase, der sich verbal sowieso alle anschließen.
Der AfD-Kreisverband Paderborn ist NRW-weit einer der aktivsten Verbände und schaffte es, in den ersten zwei Monaten des Jahres bereits zwei Großdemonstrationen in Paderborn zu veranstalten. Sie stießen jedes Mal auf den breiten Gegenprotest der Bevölkerung.
Wir vermuten, dass die rechtspopulistische Partei auch bei ihrer dritten Demonstration mit Redner*innen aus dem extrem rechten Spektrum wieder ein entsprechendes Publikum anziehen wird. Schon im Januar und Februar befanden sich unter den Teilnehmer*innen ihrer Demonstrationen Anhänger*innen der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Partei „Die Rechte“ und Neonazis aus ganz NRW.
Um „besorgte Bürger*innen“ zu mobilisieren, macht die AfD weiter Stimmung gegen Geflüchtete, schürt Angst und Hass. Angesichts der neu geplanten Geflüchtetenunterkünfte in den Kasernen der Britischen Armee in Paderborn wird mit ohnehin schon überfüllten Kindergärten und Schulen argumentiert. Dass viele Schulen in Dörfern oder Kleinstädten aufgrund mangelnder Nutzung geschlossen werden, wird nicht in Betracht gezogen.
Auch hier glänzt die AfD mit der für sie typischen Art, unvollständig und einseitig zu argumentieren und wichtige Fakten auszulassen.
Dabei wirft sie den linken Parteien vor, „linksextremen Meinungsterror“ zu verbreiten und bezeichnet die Teilnehmer*innen der Gegenveranstaltungen als „Linksfaschisten“. Argumente dafür liefert sie jedoch nicht, dafür verdreht sie die Täter*innen- und Opferrolle und projiziert eine angebliche Schuld am „Versagen“ der Politik auf die Gegendemonstrant*innen. Eine weitere Verzerrung dieser Verhältnisse war zu beobachten, als die AfD Paderborn sich auf Facebook zu der Demonstration am 12. Februar 2016 äußerte und nur die sexuellen Übergriffe, die von Migrant*innen ausgingen, beleuchtete. In ihrer Schwarz-Weiß-Malerei lässt die AfD jedoch die sexualisierte Gewalt, die beispielsweise seit geraumer Zeit unter deutschen Bürger*innen stattfindet und die im gesellschaftspolitischen Zusammenhang mit Alltagssexismus betrachtet werden muss, außer Acht.
Wir fordern: Kein Raum für rechtes Gedankengut! Kein Raum für menschenfeindliche Hetze!
Wir wollen in einer Gesellschaft leben, die von Solidarität und nicht von Rassismus geprägt ist.
Nationalismus ist keine Alternative!
Deshalb rufen wir auch dieses Mal alle Menschen in und um Paderborn dazu auf, sich der AfD am Donnerstag, den 17. März entschlossen entgegenzustellen und sich dem Gegenprotest anzuschließen, um ein klares Zeichen gegen rechte Hetze, gegen das einseitig argumentierende Meinungsbild der AfD und für die Solidarität mit Geflüchteten zu setzen.
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