Aus einem Flugblatt des Antifaschistischen Kreisplenums Paderborn, das am Samstag in der Paderborner Innenstadt verteilt wurde:
Liebe Paderbornerinnen, Paderborner und alle anderen!
Gerade zwei Monate ist es her, da wurden in Oslo und auf Utøya 77 Menschen ermordet. Ein christlicher Fundamentalist, der politisch der norwegischen Rechten zuzuordnen ist, wollte damit zum Kampf aufrufen um Europa zu „schützen“. Was geht uns Norwegen an?
Die Attentate gehen uns alle an. Uns hier in Deutschland und auch uns hier in Paderborn. Denn hier haben sich in den vergangenen Jahren extrem Rechte deutlich vermehrt.
Zunächst ist die örtliche NPD zu nennen. Wie die „Deutsche Stimme“ im Internet veröffentlicht, können sich die Mitglieder der extrem rechten Partei, rund um den 2010 angetretenen Landtagskandidaten Eduard Plischka, ohne von der Bevölkerung wahrgenommen zu werden, regelmäßig in ihrer Stammkneipe „Südwall“ zum Austausch treffen. Interessant ist vielleicht, dass die NDP in Paderborn im Gegensatz zu anderen extrem rechten Gruppierungen lächerlich unbedeutend ist.
Eine weitere Gruppe, deren Mitglieder überwiegend dem (extrem) rechten Spektrum zuzuordnen sind, mag einigen Fans des SC Paderborn bekannt sein: Die „Domstädter Paderborn“ fallen u.a. durch „Fangesänge“ wie „SS, SA, Paderborn ist da!“ und Schlägereien auf. Auch durch das Tragen eindeutig rechter Kleidungsmarken wie Thor Steinar im Stadion, macht deutlich, dass die überwiegend jugendlichen Männer der extremen Rechten nicht abgeneigt sind. Auf Facebook sympathisieren einige ihrer Mitglieder offen mit Thilo Sarrazin, Gewalt, Nazi-Bands und der N.S.D.A.P. Inwiefern die Kneipe „The Scene“ in der Neuhäuser Straße und ihr Besitzer zu der Gruppe und ihrer politischen Gesinnung stehen bleibt schwammig, mal hört man von Lokalverbot, in der Realität scheinen sie dort jedoch zumeist toleriert.
Ein weiteres Beispiel ist der „Nationale Widerstand Paderborn“ (NW), den es erst seit zwei Jahren gibt, der jedoch enorme Mitgliederzahlen, Aktionen und Übergriffe vorweisen kann, vor allem in den ländlicheren Regionen Paderborns wie Salzkotten, Scharmede, und Niedertundorf. Die recht jugendlich aufgebaute Homepage (es werden Stundenpläne zum Download bereitgestellt) der Gruppierung lässt darauf schließen, dass ihre Zielgruppe junge SchülerInnen aus der Region sind. Der „NW“ fordert auf seinen Aufklebern, die an vielen Laternen kleben, Todesstrafe für Kinderschänder und somit die Abschaffung der Menschrechte. Außerdem sind sie in jedem Jahr auf dem so genannten Gedenkmarsch in Bad Nenndorf und der Demonstration der Nazis zum Antikriegstag in Dortmund präsent. So auch in diesem Jahr. Am 6. August machten sich die „KameradInnen“ erst auf den Weg in das Niedersächsische Bad Nenndorf um anschließend mit „KameradInnen“ aus dem Rheinland in Bielefeld zu demonstrieren. Dank zahlreicher GegendemonstarntInnen gelang letzteres nicht. Als es jedoch im Anschluss daran im Bahnhof zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Nazis kam, war der NW wieder ganz mit dabei. Ein weiteres Indiz für die Existenz des „NW“ sind u.a. gesprühte Hakenkreuze und hirnlose Parolen und Rechtsrock-Konzerte im Kreis Paderborn mit eindeutig rechten Bands. Eine dieser Bands war laut der Neuen Westfälischen „Sturmwehr“, eine nationalsozialistische Rockband aus Gelsenkirchen.
Dies waren nur drei Beispiele (extrem) rechter Gruppierungen, die es in und um Paderborn gibt. In Hinblick auf Oslo und Utøya ist es allerdings viel interessanter zu wissen, wie viele Einzelpersonen es gibt, die sich zwar öffentlich keiner Gruppierung anschließen, deren Gedankengut jedoch genau in die gleiche Richtung geht, nämlich in die extrem Rechte. Und was ist mit Personen, die sich selber nie als rechts einstufen würden, Äußerungen wie „In Deutschland gibt es ja schon ein bisschen zu viele Ausländer“, „Ich finde die Ausländer wollen sich gar nicht integrieren“, „Ausländische Straftäter müssen abgeschoben werden“ und „Kinderschänder verdienen die Todesstrafe“ als normal ansehen?
Anders Behring Breivik, der Täter der Anschläge in Norwegen, war auch kein bekennender „Neonazi“, vertrat oder vertritt jedoch zweifellos eine rechte Ideologie. Er warnt vor einer Islamisierung Europas und ruft dazu auf, dies zu verhindern. Genau so wie es die NPD, der Nationale Widerstand Paderborn und die „Bürgerbewegung Pro NRW/Pro Deutschland“ macht.
Vielleicht ist Norwegen doch nicht so weit weg von uns, wie die meisten glauben. Vielleicht sind sogenannte Stammtischparolen, wie die obigen, doch nicht so harmlos und zu beschmunzeln, wie es von vielen gemacht wird. Vielleicht ist es sogar so, dass rechtes Gedankengut viel mehr zentral in der Gesellschaft verankert ist, als die meisten denken. Oder warum sonst haben Menschen wie Thilo Sarrazin so einen großen Erfolg und werden in einer Partei, die sich sozialdemokratisch nennt und mit einer antifaschistischen Grundhaltung entstanden ist, immer noch akzeptiert und vor allem toleriert?
Also, Aufstehn! Es kann nicht sein, dass extrem rechtes Gedankengut in unserer Gesellschaft als normal angesehen wird. Es kann nicht sein, dass Rechtspopulisten wie Thilo Sarrazin Gehör verschafft wird.Es kann nicht sein, dass Nazis Menschen aufgrund ihrer Herkunft umbringen und es niemand mitbekommt. Es kann nicht sein, dass der Staat an einer lächerlichen Extremismusdoktrin festhält und das rassistische „Ausländer raus!“ des Nazimobs qua Abschiebung zum realen Alltag macht.Es kann nicht sein, dass extrem rechtes Gedankengut in der Gesellschaft akzeptiert wird, nicht in unserer Gesellschaft und nicht in irgendeiner anderen. Nicht hier in Paderborn, nicht in Deutschland, nicht in Norwegen und im Rest der Welt auch nicht.
Halten auch Sie die Augen und Ohren offen. Nehmen Sie nicht einfach hin, was Ihnen gesagt und vorgelegt wird. Falls Sie Naziaktivitäten bemerken, dann schreiben Sie eine Email an: kreisplenumpaderborn@gmx.deMit freundlichen Grüßuessen,
Antifaschistisches Kreisplenum Paderborn
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